Elternfluesterer ™ Est. 2006
»Höflichkeit Tischmanieren »Weniger schimpfen
Welches Verhalten soll man beim Essen vom Kind erwarten?
↓Muss ein Kind mit Besteck essen?
↓Während des Essens sprechen?
↓Mit Essen spielen oder matschen?
↓Teller leer essen? Am Tisch sitzen bleiben?
↓So hält Ihr Kind gern Regeln ein!
Das Baby isst natürlich mit den Fingern; es ist eine Freude, das zu sehen. Sorgen Sie auch hier schon für eine gewisse Ordnung: Schneiden Sie z. B. das Brot in kleine Stückchen, die es sich in den Mund stecken kann. Führen sie die Kinderhand so weit wie nötig. Auch für die Erwachsenen kann es dann oftmals belegte, garnierte Brothappen geben. Diese Kanapees werden grundsätzlich ohne Besteck gegessen. Ihr Kleines sieht dann, wie man ohne zu Matschen damit umgeht.
Schenken Sie Ihrer kleinen Maus ein Kinderbesteck. Sobald es Besteck festhalten und zum Mund führen kann, sollte es durch regelmäßigen Gebrauch darin Übung bekommen. Führen Sie auch dabei zunächst die Hand, und ziehen Sie Ihre Hilfe zunehmend zurück. Manche Speisen, die wir Erwachsenen mit der Gabel essen, wird es zunächst noch mit dem Löffel zum Mund führen, da die Gabelspitzen noch zu gefährlich sind.
Mit vier Jahren sollte Ihr Kind lernen mit Messer und Gabel gleichzeitig umzugehen. Nicht zu festes Essen kann es dann schneiden, feste Esswaren schneiden Sie noch vor. Neben der Weise, wie man Messer und Gabel festhält, lernt das Kind darauf zu achten, dass nichts vom Teller fällt. Sie führen wieder die Hand. Tut sich Ihr Kind noch zu schwer, so bleiben Sie geduldig; lassen Sie einige Tage verstreichen, um dann einen neuen Versuch zu unternehmen:
"Das ist wirklich nicht einfach. Wir versuchen es immer wieder und du wirst sehen, dass es vom Mal zu Mal besser klappt."
Jegliches Besteck fasst man grundsätzlich, auch beim Decken des Tisches und beim Abräumen, nur am Griff an. So werden z. B. die Zinken der Gabel und die Schneidefläche des Messers niemals berührt, aus Sicherheitsgründen und der Hygiene wegen:
"Auch den Löffel fassen wir grundsätzlich am Griff an, obwohl wir uns hier nicht wie beim Messer oder der Gabel verletzen können. Doch Finger hinterlassen immer Abdrücke auf dem Besteck; und es ist ungesund, wenn andere Menschen diese Abdrücke dann in den Mund stecken müssen."
Beobachten Sie Menschen am Tisch. Wer den Kopf tief über den Teller neigt, damit der Weg zum Mund möglichst kurz wird, wirkt doch wie ein Tier am Futtertrog.
Es sieht einfach würdig aus, wenn man den Oberkörper aufrecht hält, um das Essen zum Mund zu führen, nicht umgekehrt den Mund zum Essen. Isst man mit Fingern, so kann man sich auf seinem Sitz sogar leicht zurück lehnen. Das hilft, zu entspannen, zu plaudern und mit anderen Personen in Blickkontakt zu bleiben. Diese Haltung zeigt, dass Nahrungsaufnahme mehr Bedeutung hat, als nur die Speisen schnell in sich hineinzuschieben.
Jeder kennt die Berichte, dass sich früher in feinen Kreisen Kinder während des Essens Bücher unter die Oberarme klemmen mussten. So sollte trainiert werden, die Arme an den Körper zu drücken, um den Tischnachbarn nicht mit den Ellbogen zu stoßen und eine aufrechte Haltung zu bewahren. Heute wirken solche Erziehungsmethoden seltsam auf uns. Dennoch gilt weiterhin gleichermaßen für Große und Kleine:
"Es ist nicht schön, wenn man sich am Tisch breit macht. Das sieht so wichtigtuerisch aus. Die Unterarme erledigen die Arbeit, sie bewegen sich, während die Oberarme weitgehend still am Körper anliegen."
Da sich bei dieser Körperhaltung die Unterarme bewegen müssen, können sie nur während der Esspausen auf dem Tisch aufliegen. Bei uns in Europa gilt die Regel: Die Hände sollten beim Essen auf dem Tisch und nicht darunter sein. Doch so sehr ernst muss man diesen Anspruch sicherlich nicht nehmen, zumal in Amerika das Gegenteil gilt. Da liegt die nicht benötigte Hand auf dem Schoß. Umso aufrechter Ihr Kind den Oberkörpers hält, desto länger wird der Weg vom Teller zum Mund und desto vorsichtiger muss es das Besteck halten, damit nichts herunterfällt. Das ist gut so, denn umso mehr Zeit kann es sich für das Kauen nehmen:
"Diese aufrechte Haltung ist beim Essen die gesündeste. Der Magen wird nicht eingedrückt und man isst automatisch langsamer und bedächtiger. Schnelles Hinunterwürgen der Speisen ist ungesund und zudem ein sicheres Zeichen für schlechte Erziehung."
Das ist richtig: Miteinander reden gehört zum Essen!
Miteinander zu sprechen gehört unbedingt zum gemeinsamen Essen. Allerdings gilt es hier in besonderem Maße, die Regeln anständiger Unterhaltung einzuhalten. Man spricht deutlich, hört zu, sieht sich an, lässt sich aussprechen. "Mit vollem Mund spricht man nicht", ist in diesem Zusammenhang wohl die bekannteste Regel. Doch nehmen Sie diesen Anspruch bitte nicht zu ernst. Nur wenn es wirklich unappetitlich aussieht, sollten Sie Ihr Kind freundlich darauf hinweisen:
"Dein Mund ist zu voll zum Sprechen. Kau und schluck bitte erst ein bisschen. / Einen Moment bitte noch, ich höre dir gleich zu! Wenn dein Mund so voll ist, besteht die Gefahr, dass das Essen wieder herausfällt. / Wenn du beim Essen sprichst, musst du den Mund etwas weniger weit aufmachen. Ich höre dir gerne zu, aber ich mag nicht mitten in deinen vollen Mund sehen."
Das ist Unsinn: "Wenn Erwachsene sich unterhalten, hast du still zu sein!"
Der Satz: "Wenn Erwachsene sich unterhalten, hast du still zu sein!" ist grundsätzlich daneben, am Tisch aber ganz besonders. Dass man sich als Gesprächspartner achtet, verhindert auch, dass der Ausgeschlossene durch schlechte Manieren die Aufmerksamkeit auf sich lenken muss.
Miteinander Essen drückt Gemeinschaft aus. Also schließt man keine Person am Tisch aus dem Gespräch aus. Soviel Anstand dürfen auch Kinder von den Eltern erwarten. Doch für die Kinder gilt es in gleichem Maße:
"Ich fühle mich ausgeschlossen, wenn Ihr euch unterhaltet und ich nicht mitreden kann. Gibt es nicht ein Thema, was uns alle interessiert? / Habt ihr Kinder miteinander etwas zu klären, was uns Erwachsene nicht betrifft, so tut das bitte nach dem Essen. / Am Tisch sind wir eine Gemeinschaft. Da wird niemand übersehen oder ausgeschlossen. Also unterhaltet euch bitte nicht an mir vorbei, das empfinde ich als sehr verletzend!"
Das ist gesund: Gezankt wird jedenfalls nicht beim Essen!
Die Tischgemeinschaft ist ein Ort, an dem man sich zumindest akzeptiert und respektiert. Miteinander zu speisen drückt sogar Sympathie füreinander aus. Während des Essens wird nicht gestritten, nicht gezankt, nicht geschimpft, es werden jetzt keine Vorwürfe gemacht. Das ist auch für die körperliche Gesundheit notwendig, denn zum Essen gehört Entspannung.
Essen und Anspannung passen nicht zusammen, sie sind inkompatibel. Durchbricht man dieses Naturgesetz regelmäßig, so bleiben gesundheitliche Schäden nicht aus. Wem nicht gelingt, bei der Mahlzeit einen versöhnlichen Ton anzuschlagen, der verlässt den Tisch. Das sollte für Erwachsene und Kinder gelten:
"Ich muss mich beim Essen entspannen; ich kann diesen Ton jetzt nicht ertragen. Schlag bitte einen anderen Ton an oder verlass den Tisch! / Ich bitte euch, euere Probleme jetzt aufzuschieben. Ich möchte in einer gemütlichen Atmosphäre genießen."
Kreatives Spiel ist immer und überall gut - auch "bei Tisch"!
Versuchen Sie zwischen kreativem Spiel und unangenehmen Matschen zu unterscheiden! Kinder spielen gern mit dem Essen auf dem Teller. Sie bilden z. B. aus den Erbsen ein Kette oder ordnen das Gemüse nach Farben. Aus Kartoffelbrei bauen sie einen Vulkan oder einen Staudamm gegen die Soße. Sie angeln kleine Fisch aus der Suppe und vieles mehr. Was spricht dagegen, wenn die Essenswaren dadurch nicht ungenießbar werden, sondern Ihrem kleinen Spatz noch besser schmecken? Spielen Sie doch mit; es wird den Appetit des Kindes (und auch Ihren) anregen, wenn es sieht, wie gut Ihnen Ihre „Kreationen“ schmecken:
"Schön hast du das Gemüse geordnet. In welcher Reihenfolge isst du es nun? / Sieh mal, was ich für ein Muster gelegt habe! / Erkennst du das Gesicht in meinem Kartoffelbrei ?"
Unangenehmes Matschen ist immer und überall daneben - insbesondere "bei Tisch"!
Gebieten Sie Einhalt, wenn durch das Spiel die Speisen über den Tellerrand gelangen, ungenießbar werden oder Tischnachbarn verständlicherweise der Appetit vergeht. Schon beim kleinen Kind ist hier Ihr energisches „nein! / so nicht!“ nötig. Wenden Sie sich ab, damit Ihr Kind merkt, dass es mit diesen Manieren keine Aufmerksamkeit erwirken kann! Kinder ab drei Jahren verweisen Sie kurz und energisch vom Tisch. Erklären Sie Ihre Maßnahme später:
"Beim Essen ist guter Appetit wichtig. Da durch dieses Matschen mir und den Anderen der Appetit verging, musste ich dich leider vom Tisch schicken. / Ich möchte, dass du verstehst, warum ich vorhin so energisch reagieren musste. Essenswaren sind ein Gut, das man sorgfältig behandelt; ich konnte es nicht ertragen, wie du damit umgingst."
Teddy und Püppchen dürfen mitessen - klar doch!
Der Teddy, die Puppe oder eine andere Figur dürfen gern ihren Platz am oder auf dem Tisch haben. Sie dürfen mitessen und mitreden, werden so in die Tischgemeinschaft einbezogen. Doch das Spielzeugauto oder -flugzeug wird am Rand geparkt; beim Essen herrscht für alle Actionspielzeuge Verkehrsstille und Spielpause:
"Wir decken den Tisch gemütlich. Alle Gegenstände, die nichts mit einem schön gedeckten Tisch zu tun haben, räumen wir ab."
Wenn Sie Ihrer kleinen Maus zu viel auf den Teller tun, dann ist es nicht sinnvoll, dass es den Teller leer essen muss. Lassen Sie dem Kind die Regie, wie viel es essen möchte. Geben Sie nur kleine Portionen auf den Teller.
Ab dem Alter von vier Jahren soll es dann lernen, dass es sinnvoller ist etwas nachzunehmen, als den Teller zu voll zu laden. Beraten Sie es dabei und achten Sie auf Lernfortschritte. Da kommt es natürlich mal vor, dass eine Portion falsch eingeschätzt wird. Wenn das die Ausnahme ist, seien Sie nachsichtig, auch Erwachsene verschätzen sich mal. Kommt dies allerdings häufig vor, so müssen Sie konsequent sein:
"Ich kann verstehen, dass du jetzt deinen Teller nicht leer essen kannst. Aber ich mag nicht immer das essen, was auf deinem Teller übrig bleibt. Es ist auch zu schade, es wegzuwerfen. Wir führen folgende Regel ein: Wer mittags etwas auf dem Teller lässt, isst dies am Abend. Was abends auf dem Teller bleibt, wird am nächsten Tag gegessen. Davor gibt es nichts anderes."
Ist der Tisch für das gemeinsame Essen gedeckt, so beginnt und beendet man es auch gemeinsam. Geben Sie Ihrem Nachwuchs frühzeitig Bescheid, damit er sich darauf einstellen kann. Legen Sie dann Wert darauf, dass er pünktlich an den Tisch kommt. Beginnen Sie gemeinsam. Mindestens bei einem Mahl täglich sollte das die Regel sein. Eigentlich bleibt dann jeder so lange sitzen, bis alle fertig sind und die Tafel aufgehoben wird. Lassen Sie nicht zu, dass Ihr kleiner Racker ohne Rücksicht auf die anderen Personen aufspringt. Sollte das vorkommen, so zerstören Sie nicht die Atmosphäre durch Ihr Schimpfen oder durch einen unangenehmen Machtkampf mit dem Kind.
Sprechen Sie später mit ihm darüber. Ob in der Öffentlichkeit oder daheim, ein Kind hat zu fragen, ob es den Tisch verlassen kann. Erwachsene entschuldigen sich, wenn sie vorher aufstehen müssen! Dauert das Essen länger, ist das Kind schon fertig und langweilt sich, so kommen Sie seiner Ungeduld zuvor:
"Wir bleiben noch am Tisch, wenn du möchtest, kannst du schon aufstehen.“ / Es ist lieb von dir, dass du uns noch Gesellschaft leistest. Dein Spiel wartet aber schon auf dich, geh ruhig schon, wir brauchen noch länger."
Erziehen Sie Ihren kleinen Wirbelwind dazu, sich vor dem Essen ohne Aufforderung Schmutz von der Kleidung zu putzen, die Hände zu waschen und die Haare zu kämmen. Lassen Sie das zur Selbstverständlichkeit werden, indem Sie es frühzeitig, schon bevor das Kind es allein kann, mit ihm ausnahmslos praktizieren. So wird es zum „Ritual“, das nicht mehr erklärt oder eingefordert werden muss. Dazu gehört auch, vorher aufs WC zu gehen und ggf. sein Kaugummi vor dem Essen aus dem Mund zu nehmen.
Greifen Sie nicht über die Teller der anderen, um sich selbst zu bedienen. Lassen Sie diese Unart auch nicht bei Ihrem Nachwuchs zu. Bitten Sie darum, dass man Ihnen die gewünschten Speisen und Gegenstände reicht. Das Bitte oder Danke muss dazu nicht immer ausdrücklich ausgesprochen werden.
Der Ton ist entscheidend. "Gibst du mir noch etwas davon? / Darf ich mir noch etwas nehmen? Reichst du mir die Schüssel?", können ebenfalls sehr freundliche Fragen sein. Auch das Danke muss in einer freundlichen, vertrauten Atmosphäre nicht ständig wiederholt werden. Reichen Sie von sich aus Speisen weiter und kommen Sie Wünschen aufmerksam zuvor.
Muss jemand am Tisch niesen, so wendet er sich ab und hält den linken Unterarm, besser noch ein Taschentuch vor den Mund. Auch zum Naseputzen wendet man sich zur Seite oder verlässt sogar den Tisch. Auf keinen Fall schaut man danach in sein Taschentuch.
Seien Sie stets Vorbild, praktizieren gutes Benehmen und Rücksicht wie selbstverständlich. Erwarten Sie Ihr Verhalten auch vom Kind. Erläutern Sie Ihr Verhalten, schon bevor Ihr Kleines inhaltliche Erklärungen verstehen kann. Kinder wollen Erklärungen (nicht nur Anweisungen) und diese stehen ihnen zu.
Zumeist haben Tischsitten ihren Sinn darin, dass sie das gemeinsame Essen erleichtern, für eine angenehme Wohlfühlatmosphäre sorgen und die Rücksicht auf andere Personen unterstützen. Kennen Sie den Sinn einer Verhaltensregel nicht, so überlegen Sie im Familienkreis gemeinsam, wo er liegen kann oder machen Sie sich sachkundig. Vielleicht kann das Kind die Aufgabe übernehmen und im Kindergarten oder in der Schule nach Erklärungen zu fragen.
Sprechen Sie Ihre Forderungen möglichst konkret und in der Ich-Form aus. Das ist deutlicher als ein allgemeines "Das gehört sich nicht! / Man tut das nicht! / Benimm dich gefälligst!"
"Ich möchte nicht, dass du so ... isst! / Mich stört das! / Mir verdirbt das den Appetit! / Ich erwarte, dass du das jetzt unterlässt!"
Müssen Sie energischer werden, dann lassen Sie sich während des Essens nicht auf eine heftige Diskussion oder einen Machtkampf ein. Diese Aufforderung muss genügen und befolgt werden:
"Verlass bitte den Tisch! Sofort, ohne Diskussion! Wir werden später darüber reden."
Wenn Ihrem kleinen Racker etwas an Ihrer Anwesenheit liegt, so kann auch diese Konsequenz sinnvoll sein:
"Ich kann so nicht essen. Ich gehe auf mein Zimmer, rufe mich, sobald du bereit bist, so anständig zu essen, dass wir wieder zusammen am Tisch sitzen können!"
© Dieser Artikel erschien erstmals im Buch "Kleiner Schatz, ich sag dir was", Frank Maibaum, J. F. Steinkopf Verlag, Kiel 2003. Alle Rechte beim Autor.