Elternfluesterer ™ Est. 2006
»Kind im Streit Kind verschonen »Krise erklären!
↓Erziehungsregellan in der Ehekrise
↓Erziehungsfragen und "Ehekampf"!
↓Gemeinsame Verantwortung bleibt!
↓Kind & "Rosenkrieg"
Ehekrise ist anders als ein normaler Elternstreit
Im Kapitel Elternstreit / Über Erziehung streiten haben wir aufgezeigt, warum Eltern durchaus im Beisein ihrer Kinder über Erziehung streiten dürfen - ja sollen. Ist die Familienatmosphäre grundsätzlich von Liebe, gegenseitiger Achtung und Anerkennung geprägt, dürfen Partner gern im Beisein der Kinder über Erziehungsfragen streiten. Der Streit ist dann am Wohl der Kinder orientiert, es werden Lösungen angestrebt und gefunden.
Während einer Ehekrise ist das ganz anders als beim üblichen, sinnvollen Streit der Eltern. Unterschiedliche Auffassungen zur Kindererziehung häufen sich nun und ziehen sich zu lange hin. Man findet keine gemeinsame Ebene, denn die Eltern wollen sich nicht näherkommen, sondern auseinandersetzen. Vermeiden Sie jetzt den Streit über grundsätzliche pädagogische Vorgehensweisen und Erziehungsziele.
Es kommt nun wohl häufig vor, dass sich Ihr Ehestreit am Verhalten des Kindes entzündet. Erkennen Sie:
Diese Erziehungsfragen entfachen zwar den Streit – dass er dann so heftig ‚weiterbrennt’ hat aber andere Gründe. Es steckt mehr dahinter; die Ursachen liegen tiefer; um die Erziehung geht es eigentlich nicht.
Trennen Sie die Erziehungsfragen vom "Ehekampf" !
Ihre ständigen Auseinandersetzungen einerseits und die Erziehungsfragen andererseits sind wie zwei verschiedene Paar Schuhe. Sprechen Sie es dem Partner gegenüber aus:
"Es scheint so, als seien wir uns in Erziehungsfragen völlig uneinig. Immer wieder geraten wir aneinander. Doch ich vermute, an den Erziehungsfragen werden die Probleme, die wir zwei miteinander haben, nur offensichtlich. Wenn wir ständig an der falschen Front kämpfen, lösen wir unsere Beziehungsprobleme nicht! Was steckt wirklich dahinter? Was entzweit uns? Was trennt uns? Das sind die Fragen, die wir zuerst miteinander klären müssen! Können wir das ergründen? Schaffen wir es, ehrlich zueinander zu sein."
Diese Zurückhaltung und Besonnenheit in Erziehungsfragen gilt es zu wahren, auch wenn Sie mit dem Partner unter sich sind. Sind die Kinder anwesend, so müssen solche Kontroversen völlig tabu sein: "Jetzt nicht!" Denn derartige Auseinandersetzungen vor und gar mit den Kindern erfordern ein hohes Maß an guter Streitkultur. Diese können Sie angesichts Ihrer allgemeinen Zwietracht nicht gewährleisten. Blocken Sie die Diskussion schnell ab:
"Wir sollten nicht versuchen, dieses jetzt zu klären. Wir wissen, das kann nur misslingen. Dazu müssen wir uns in Ruhe zusammensetzen."
Nehmen Sie sich jetzt oft die Zeit und Ruhe für eine partnerschaftliche Erziehungskonferenz. Sie wird öfter, wenn nicht sogar täglich nötig sein. Lassen Sie pädagogische Gespräche zum regelmäßigen Ritual zwischen Ihnen werden. Sie selbst wissen am besten, wann ein idealer Zeitpunkt dafür ist; legen Sie ihn gemeinsam fest. Sie werden zunehmend Übung bekommen, besonnen und zufriedenstellend miteinander über die Erziehung Ihres Kindes zu sprechen.
Eltern haben grundsätzlich eine gemeinsame Verantwortung für ihr Kind. Durch die Vaterschaft bzw. Mutterschaft haben sie diese erworben. Sie bleibt erhalten, selbst wenn die Liebesbeziehung zwischen beiden brüchig wird und sie sich in mancher Beziehung entzweien.
Seien Sie sich gerade in der Krise bewusst, dass Ihre Erziehungspartnerschaft dauerhaft ist. Sie können sie nicht einseitig aufkündigen, auch nicht durch Passivität oder Rückzug. Sie dürfen sie dem Partner nicht streitig machen. Beides wäre unverantwortlich, denn Schlimmeres könnten Sie Ihrem Kind kaum antun. Die Liebe zum Kind hilft Ihnen, in Erziehungsfragen ein Team zu sein:
"Liebe kann Berge versetzen und Wunder bewirken, sagt man. Es wäre doch gelacht, wenn die Liebe zu unserem Kind uns nicht dabei helfen würde, uns zusammenzusetzen. Sie hilft uns auch, über unseren Schatten zu springen, an einem Strick zu ziehen und miteinander das Beste für unser Kind zu suchen und zu finden. Lass uns das durch die Schwierigkeiten, die wir zur Zeit miteinander haben, nicht zerstören. Bezüglich unserer Liebe sind wir uns unsicher; aber die Liebe zu unserem Kind steht doch außer Frage!?"
Lassen Sie Unzufriedenheit in der Partnerschaft nicht am Kind aus!
Wenn ein Kind immer wieder im Mittelpunkt der Ehekämpfe steht, erhält es den Eindruck, es sei Ursache und Angelpunkt der elterlichen Reibereien. Dadurch entstehen Schuldgefühle, die seine gesunde Entwicklung behindern.
Manchmal werden die Schuld- und Schwächegefühle des Kindes durch solche Vorwürfe verstärkt: "Wenn du lieb wärst, bräuchten wir uns nicht zu streiten! / Siehst du, jetzt gibt es schon wieder deinetwegen Theater! / Du schaffst es immer wieder, dass Mama und ich uns wegen dir auseinandersetzen! / Wenn du schön lieb bist, wird es bei uns bestimmt auch wieder besser."
Bewahren Sie Ihr Kind vor solchen seelischen Belastungen. Weisen Sie sich gegenseitig auf die Folgen solcher Vorhaltungen hin:
"Es ist für Sascha belastend genug, wenn wir uns immer wieder zanken. Heute musste er wieder miterleben, dass es um unsere Erziehungsmethoden geht. Das ist dann besonders schwer für ihn. Er muss den Eindruck erhalten, dass wir friedlich miteinander wären, wenn es ihn nicht gäbe. Ich weiß gar nicht, wie er das ertragen soll. Damit tun wir ihm sehr unrecht. Das können wir auch mit beschwichtigenden und erklärenden Worten nicht wieder gutmachen. Wir müssen unbedingt darauf achten, solche Themen außen vor zu lassen, wenn er dabei ist. Wir sollten uns gegenseitig stoppen, wenn einer von uns merkt, dass wir ihn wieder derart hineinziehen."
Auch zu Ihrem eigenen Schutz sollten Sie Kämpfe um die häusliche Pädagogik vermeiden. Es besteht die Gefahr, dass das Kind Ihre Feindseligkeiten ausnutzt, um seine eigenen Interessen besser durchzusetzen. Zu groß wird die Versuchung für Ihr Kind, Sie bei nächster Gelegenheit gegeneinander auszuspielen.
Anhaltende Aggressionen in der Partnerschaft führen dazu, dass Eltern schließlich auch den Kindern gegenüber schnell ungehalten reagieren. An ihnen entlädt sich Zorn, der sie eigentlich nicht treffen sollte. Insbesondere wenn die Erwachsenen krampfhaft versuchen, trotz ungelöster Partnerprobleme zurückhaltend und sanft zueinander zu reagieren, werden oftmals die Kinder das Ziel der Gefühlsausbrüche. Es ist in der Erziehung immer nötig, sich selbstkritisch zu beobachten. Beantworten Sie sich nach solchen Situationen ehrlich die Fragen:
War es wirklich das Verhalten der Kinder, das mich so sehr reizte? Hätte ich auch so heftig reagiert, wenn meine Partnerbeziehung gerade nicht so belastet wäre?
Sprechen Sie zum Partner über Ihr Verhalten und Ihre Erkenntnisse. Das hilft ihm sicherlich, sein eigenes Verhalten ebenfalls zu ergründen und zu kontrollieren:
"Immer öfter errege ich mich über Franziskas Verhalten. Oft sind es nur Kleinigkeiten in ihren Reaktionen, die mich wütend machen. Bei Verhaltensweisen, die ich früher gelassen und geduldig hinnahm, brause ich heute auf. Manche Ihrer Äußerungen fand ich vor kurzem noch pfiffig oder lustig. Ich war immer stolz auf unsere selbstbewusste Tochter. Soll das plötzlich alles falsch sein? Was ist los? Hat sie sich so sehr geändert? Wenn ich mein Verhalten ergründe, merke ich, dass es meine allgemeine Unzufriedenheit ist, die sich in ihre Richtung einen Weg bahnt. Ich weiß, ich darf sie nicht zum Sündenbock machen. Ich bitte dich, hilf mir dabei und lass uns diesbezüglich an einem Strang ziehen."
Versuchen Sie, Ihrem Partner gegenüber in Erziehungsfragen tolerant zu sein. Sein Erziehungsverhalten muss nicht schlecht sein, weil es anders als das Ihre ist. Glauben Sie nicht, es würde dem Kind schaden, wenn Vater und Mutter unterschiedliche Erziehungsmethoden anwenden. Diese Ansicht wird zwar häufig vertreten; es ist dennoch ein Irrtum.
Wichtig ist allerdings, dass Ihre Reaktionen ‚berechenbar’ sind. Dann lernt das Kind: Mein Vater reagiert so – meine Mutter anders, weil mein Vater so und meine Mutter anders ist. Es kann sich auf beide einstellen, und es kann beide verstehen und lieben.
Machen Sie den Erziehungsstil des Partners nicht hinter seinem Rücken schlecht. Suggerieren Sie Ihrem Kind nicht, es gäbe diesbezüglich nur ein richtiges und ein falsches Verhalten und Ihre Vorgehensweise sei die richtige.
Begründen Sie Ihre pädagogischen Entscheidungen und entwickeln Sie Verständnis für die anderen Vorgehensweisen des Partners. Eine solch besonnene Vorgehensweise ist gerade in familiären Krisensituationen wichtig, in denen die Unterschiede der Eltern besonders hervortreten. Das Kind fragt sich angesichts der Streitigkeiten sowieso: "Wer ist der Gute und wer ist der Böse?" Unterstützen Sie eine solche Schwarz-Weiß-Sichtweise nicht!
© Dieser Artikel erschien erstmals im Buch "Gestresste Eltern - Starke Kinder", Frank Maibaum, J. F. Steinkopf Verlag, Kiel 2004. Alle Rechte beim Autor.