Elternfluesterer ™ Est. 2006
»Nachwuchs Tyrann »Geschwisterstreit
↓Lassen Sie sich nicht tyrannisieren!
↓Beenden Sie den Machtkampf!
↓Ihr Zusammenleben braucht Regeln!
↓Vermeiden Sie, zynisch zu sein!
↓Lassen Sie Entscheidungsspielräume!
Lassen Sie nicht zu, dass Ihr Kind Sie oder andere tyrannisiert. Doch bedenken Sie auch: Kinder nehmen heutzutage die Befehle der Erwachsenen nicht mehr bedingungslos hin – das ist schon bei den Kleinen so. Setzen Sie nicht darauf, dass Sie stärker sind und alle Machtmittel in der Hand haben. Den Machtkampf verlieren Sie; er nagt an Ihren Nerven, und das scheinbar so schwache Kind findet Wege, seinen Willen durchzusetzen.
Unterliegt Ihr Kind dennoch, so wird es Rache üben – und sei es nur dadurch, dass es z. B. als Trotzreaktion einnässt oder sich weigert zu essen. Als letztes Mittel bleibt dem Kind dann noch, dass es überall versagt – von der Kindergruppe bis zur Schule. Machtkämpfe sind in der Erziehung so zerstörerisch wie in jedem anderen Lebensbereich auch:
"Was ist los bei uns, dass wir uns gegenseitig das Leben so schwer machen? Warum wollen wir mit Macht den anderen dahin bringen, wo wir ihn haben wollen?"
Erwarten Sie nicht, dass Ihr Kind den Kampf beendet. Sie sind erwachsen, man darf von Ihnen erwarten, dass Sie einen neuen Anfang ermöglichen. Bedenken Sie dabei: Es gibt in der modernen Welt glücklicherweise keine gesunde menschliche Beziehung mehr, in der akzeptiert wird, dass der eine befiehlt und der andere gehorcht - das betrifft auch die Eltern- Kind-Beziehung.
Zwar hatte die alte Ordnung, dass der Vater der Herr in der Familie ist, auch einen Vorteil: Da war ein Rahmen, der klare Vorgaben für das Verhalten lieferte; in diesem Rahmen konnte man sich sicher bewegen, denn es gab klare Regeln. Doch in solchen familiären Herrschaftsstrukturen entwickeln sich keine glücklichen Kinder. Heutzutage geht es aber darum, einen neuen Rahmen für das familiäre Zusammenleben und entsprechende Regeln zu finden – ohne geht es nicht:
"Lass uns doch mal zusammen überlegen, wie wir miteinander auskommen, ohne, dass wir immer gegeneinander kämpfen!"
Auch Ihr Zusammenleben braucht einen Rahmen und Regeln. Der neue Rahmen kann sein: Nur Argumente zählen. Schimpfen, Schreien, Toben und Gewalt sind keine Argumente. Herr im Haus sind nicht Vater oder Mutter und auch nicht, wer am trotzigsten schreien kann. Es herrscht der "zwandlose Zwand des besseren Arguments". Das bessere Argument – nach ihm haben sich alle Familienmitglieder gleichermaßen zu richten:
"Komm mal in meine Arme. Ich habe einen Vorschlag: Wenn einer von uns etwas vom anderen will, begründet er seinen Wunsch; der andere hört dann gut zu und versucht den Wunsch zu verstehen."
Regelverstöße lassen Sie nicht zu. Dies brauchen Sie nun nicht mehr lange zu begründen, die Begründung ist ja schon vorweg, grundsätzlich geschehen. Ihr Kind weiß noch gut, was Sie vereinbart haben. Lassen Sie sich durch ungehöriges Verhalten nicht in Diskussionen verstricken; Ihr Kind macht sonst einen Sport daraus. Hier genügen kurze deutliche Reaktionen, nach denen Sie sich dann konsequent abwenden:
"So nicht! / Du weißt, was wir abgemacht haben! / Schreien ist kein Argument!"
Erwarten Sie von Ihrem Kind, dass es seine Anliegen begründet. Solange es tobt und schreit, verweigern Sie sich als Gesprächspartner; wenden Sie sich ab:
"Solange du so tobst, werde ich dir nicht zuhören; ich bin gerne bereit, über die Sache in Ruhe zu reden; sobald du auch bereit dazu bist, sag Bescheid."
Wenn Ihr Kind einlenkt, so seien Sie auf keinen Fall zynisch. Zeigen Sie nicht, dass Sie nun meinen, gewonnen zu haben. Das ist daneben und damit machen Sie wieder alles kaputt: "Siehst du, es geht doch!"; "Warum nicht gleich so?"; "Ich wusste doch, dass du wieder kommst!" Kinder verstehen keinen Zynismus, keine Ironie und mögen diese nicht. Mit Zynismus machen Sie Ihre Vereinbarungen zu gewaltfereier Kommunikation selbst wieder kaputt. Seien Sie konsequent, aber immer wieder freundschaftlich.
Versuchen Sie nun das Anliegen des Kindes zu verstehen. Es geht darum, dass es sich verstanden fühlt. Helfen Sie ihm, sich verständlich zu machen – es ist doch noch ungeübt im Argumentieren. Fragen Sie nach, wenn Sie seine Begründungen nicht verstehen; suchen Sie mit dem Kind nach möglichen Formulierungen, die deutlich machen, was es meint. Seien Sie also zunächst sein Anwalt, und setzen Sie erst dann Ihre Meinung dagegen:
"Das macht mich sehr froh, dass wir nun darüber reden können. Ich möchte doch, dass du zu deinem Recht kommst! Verstehe ich das richtig: Du möchtest erst später, vor dem Schlafengehen, die Sachen wegräumen und jetzt sofort auf den Spielplatz gehen? Du meinst, wenn du erst später rausgehst, sind die anderen weg."
Scheuen Sie nicht, sich vom Kind überzeugen zu lassen, wenn Sie merken, dass seine Argumente stimmig oder Ihre zu schwach sind – auch das kommt sicherlich mal vor. Umso mehr wird Ihr Kind einsehen, dass es auch selbst oft im Unrecht ist:
"Ja, das stimmt, in letzter Zeit sage ich immer ganz schnell „nein!“. Ich denke, das liegt daran, weil so vieles bei uns schief läuft und ich den Eindruck habe, dass ich es immer ausbaden muss. Diesmal hattest du wirklich Recht; ich hatte dir gestern versprochen, dass du heute den Film sehen darfst. Also darfst du es auch – ich halte doch meine Versprechen."
Die verständnisvolle Atmosphäre können Sie zudem fördern, indem Sie dem Kind Entscheidungsspielräume lassen:
"Möchtest du die gelbe oder die blaue Hose anziehen? / Du müsstest bald mal wieder die Haare schneiden – sollen wir das heute oder erst morgen machen? / Möchtest du jetzt schon die Zähne putzen oder soll ich erst die Geschichte vorlesen? / Wir haben noch das Gemüse im Kühlschrank, es muss bald weg – was meinst du, sollen wir es heute oder morgen essen?"
© Dieser Artikel erschien erstmals im Buch "Kleiner Schatz, ich sag dir was", Frank Maibaum, J. F. Steinkopf Verlag, Kiel 2003. Alle Rechte beim Autor.