Elternfluesterer ™ Est. 2006
»Alpträume Lügen »Essenstheater
Wenn ein Kind oft nicht die Wahrheit sagt. Wenn es häufig unehrlich ist. Was können wir tun?
↓Das müssen Sie zum Thema wissen!
↓Überschwängliche Phantasie!
↓Phantasie und Realität!
↓ Prahlerei ist bedenklich!
Es ist also ganz natürlich, dass Ihr Kind immer wieder etwas berichtet, das nicht so ist, wie Sie (und andere Erwachsene) es wahrnehmen.
Für Ihr Kind im Vorschulalter
vermischen sich natürlicherweise Realität und Phantasie
vermischen sich Geschichten, Bilder, Fernsehfilme und eigene Erlebnisse
wird Realität ungeschehen, indem es sie leugnet
werden Träume zur Wahrheit, indem es sie behauptet.
Ihr Kind
hat noch viele Erinnerungslücken
nimmt komplexe Ereignisse nur selektiv (in Ausschnitten) wahr
vermischt verschiedene Ereignisse zu einer neuen Einheit.
Ein Kind lernt erst die Unwahrheit zu sagen
aus Angst vor Strafe
um sich beliebt zu machen
wenn Eltern immer an seiner Wahrhaftigkeit zweifeln
wenn Erwachsene es verunsichern
wenn Erwachsene es mit der Wahrheit nicht so ernst nehmen
wenn Erwachsene es zwingen, kleine Geheimnisse preiszugeben.
Ist ein Kind von einem Erlebnis in starkem Maße emotional ergriffen, so wird seine Phantasie besonders lebendig. Aus Angst oder Begeisterung wird aus der Mücke tatsächlich, ungelogen, ein Elefant. Es ist dann seine Angst, Begeisterung oder Freude, die Ihnen das Kind in dieser Weise mitteilen möchte. Eine verständnislose Reaktion in dieser Art ist dann voll daneben:"„Erzähl nicht so einen Unsinn!" / "Ach, ein solch großes Tier gibt es doch gar nicht!" / "Nun bleib mal auf dem Teppich, phantasier dir nichts zurecht!" Versuchen Sie seine Emotion zu verstehen. Gelingt Ihnen das nicht, so hören Sie einfach nur zu:
"Du hast dich aber erschreckt! / So ein Tier hast du ja noch nie gesehen. / Du bist ja richtig aufgeregt. / Das hat dich aber begeistert."
Wünscht sich ein Vorschulkind (auch bei älteren Kindern und gar bei Erwachsenen gilt das) etwas sehr, so kann ihm seine Phantasie den Wunsch erfüllen:
"Du wünschst dir das aber sehr! / Ja, in deinem Tagtraum ist es Wirklichkeit. / Als ich ein Kind war, konnte ich das auch: mir etwas so sehr wünschen, dass es plötzlich vor mir stand. Na ja, jedenfalls kam es mir so vor."
Ein kleines Kind meint, etwas wird wahr, indem man es nur fest und wiederholt behauptet. Gehen Sie hier nicht auf Konfrontation. Seien Sie nicht abwertend: "Ach, stimmt trotzdem nicht!" / "Und wenn du es hundertmal behauptest, es wird dadurch nicht wahr." / "Warum musst du denn immer so lügen!" Zumeist brauchen Sie hier nicht verbal zu reagieren. Wenn es allerdings gegen Ihren Willen darauf besteht, dass Sie seine Sichtweise annehmen und ihm zustimmen, so nehmen Sie der Situation die Spitze:
"Merkst du, unterschiedliche Menschen nehmen gleiche Sachen oft unterschiedlich wahr! Deshalb brauchen wir uns jetzt nicht zu streiten. / Ich sage doch nicht, dass du lügst; denn mit einem solchen Vorwurf bin ich ganz vorsichtig. Ich habe oft erlebt, dass zwei Menschen eine Sache ganz unterschiedlich sehen und dann behaupten, der andere würde die Unwahrheit sagen. Genau so ist es jetzt bei uns, wir sehen die Sache unterschiedlich – und wie können wir uns jetzt einigen?"
Möchte das Kind etwas nicht wahr haben, so verschließt es die Augen davor, und schon ist es weg. Ähnlich meint es dann, "Was man leugnet, gibt es nicht!" Das sind für ein Kind ganz sinnvolle Schutzmechanismen. Mit Humor und Verständnis können Sie es langsam an die Realität heranführen:
"Du bist ja ein kleiner Zauberer! / Das würde ich auch gern können, die Augen zumachen und – schwupp, ist es weg! / Bei Erwachsenen funktioniert das nicht mehr. / Du brauchst dich nicht zu fürchten, komm in meine Arme und dann sehen wir uns das ganz mutig an. / Du möchtest das gerne ungeschehen machen; komm, wir sehen mal, was sich da machen lässt, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm."
Zerschlagen Sie die Phantasie des Kindes nicht. Bezichtigen Sie es nicht der Lüge, wenn seine Phantasie mit ihm durchgeht. Schaffen Sie ihm Möglichkeiten zu träumen – träumen Sie mit ihm gemeinsam, indem Sie Geschichten vorlesen und erzählen. Wenn es seine Phantasie ausleben darf, hilft ihm das, die Realität zu erkennen. Lassen Sie sich Bücher mit geeigneten Phantasiereisen und Traumgeschichten empfehlen:
"Komm, wir träumen zusammen; mach die Augen zu, ich lese dir etwas vor."
Sie helfen dem Kind, Phantasie und Realität zu unterscheiden, indem Sie selbst hin und wieder erfundene, phantastische Erlebnisse erzählen – wie ein Kind; und danach geben Sie zu, wie es wirklich war, oder Sie lassen sich vom Kind dabei ertappen, dass Sie nur ein bisschen rumgesponnen haben. Vielleicht klinkt es sich auch in Ihre Geschichte ein und Sie phantasieren gemeinsam weiter:
"Da ist mir gestern etwas Komisches passiert. Ich wollte gerade die Haustür öffnen, da hörte ich ganz leise meinen Namen rufen. Ich dachte erst, du wärst es. Aber die Stimme war ganz anders: leise und piepsig. „Hallo, Klaus“, rief es mehrmals; aber ich sah niemanden. Doch da, ja, da saß doch in der Ecke ein kleiner Maulwurf. „Nimmst du mich mit rein?“, fragte er mit piepsiger Stimme. Ich sagte ganz erstaunt ..." (Phantasieren Sie gemeinsam weiter!)
Kommen Sie mit dem Kind zusammen immer wieder auf den Boden der Realität zurück. Es muss wissen, dass es die gefährlichen, phantastischen Wesen, vor denen es sich fürchtet, nicht gibt. Es muss auch erfahren, dass seine Allmachtphantasien, in denen es unbesiegbare Kräfte und unglaubliche Fähigkeiten hat, nur Träume sind:
"Phantasierst du auch so gern? Wir Menschen phantasieren gern, das ist schön, denn dann können wir uns vorstellen, wir wären ganz stark und unbesiegbar oder wir wären in einem ganz schönen Land, wo alles ganz anders ist. Aber dann müssen wir auch wieder in die Wirklichkeit kommen. Hier sind wir. Es ist hier doch auch ganz schön - oder?"
Wenn die kindlichen Phantasien zur Prahlerei werden, mit denen es versucht, Anerkennung und Aufmerksamkeit zu erhalten, so ignorieren Sie die Prahlerei. Gehen Sie einfach nicht darauf ein – weder mit anerkennendem Staunen noch mit Zurechtweisungen. Reagieren Sie dann aber sofort wieder, wenn es mit der Prahlerei nachlässt. Bemerken Sie den Wunsch nach Anerkennung. Geben Sie dem Kind die Möglichkeiten, Erfolg zu haben und sich zu bewähren. Beachten Sie es häufig und loben Sie Handlungen:
"Das kannst du ja schon wie ein großes Kind. / So stark bist du schon!"
Gehen Sie sehr vorsichtig mit Strafen um; Ihr Kind wird ansonsten versuchen, diese zu vermeiden, indem es Ihnen die Unwahrheit sagt. Kinder lernen auf diese Weise schnell aus Angst die Wahrheit zu verstecken:
"Hast du denn Angst vor mir? Du darfst mir doch immer die Wahrheit sagen. Wenn etwas Schlimmes passiert ist, dann überlegen wir gemeinsam, wie wir das wieder hinbiegen."
Knüpfen Sie Ihre Liebesbeweise nicht an gute Leistungen. Ihr Kind muss wissen, dass Sie es grundsätzlich mögen. Es wird sonst versuchen, mit erfundenen Erfolgen Ihre Liebe zu sichern:
"Wir haben dich immer lieb. Egal, ob etwas gelingt oder misslingt, ob du etwas schaffst oder nicht. / Was auch immer passiert, du darfst wissen, dass wir dich auf alle Fälle mögen."
© Dieser Artikel erschien erstmals im Buch "Kleiner Schatz, ich sag dir was", Frank Maibaum, J. F. Steinkopf Verlag, Kiel 2003. Alle Rechte beim Autor.